Notizen 007
Die bösen Banker
Eine der größten Krisen der heutigen Zivilisation ging noch
irgendwie glimpflich an uns vorbei, obwohl Experten vor einem finanziellen
Nachbeben warnen. Erst kam die Finanz-, dann die Euro-, zuletzt die
Länderkrise. Und schuld daran waren egoistische, verantwortungslose,
geldgierige Banker. Ohne deren moralisch verwerfliches,
rücksichtsloses Handeln ständen wir viel besser da.
Stimmt's? Nun ja. Wie üblich verbirgt sich hinter der
offensichtlichen Wahrheit noch etwas anderes. Und das will ich heute
zeigen. Erst mal: Es waren nicht Banker, welche sich die komplizierten
Börsenpapiere ausdachten, die dann zum Untergang mancher Banken und
zur Verarmung vieler Menschen führten. Für Bankleute war das
viel zu kompliziert, und die wenigsten verstanden (oder verstehen)
überhaupt, worum es ging und wie genau diese Derivate funktionierten.
Es waren Mathematiker, denen die reine Lehre zu langweilig war; und
theoretische Physiker, welche die Hoffnung auf den Nobelpreis aufgegeben
hatten. Zweitens wird das Handeln der Banken, der Regierungen (die
Spekulationsschranken aufhoben) und der Kleinanleger (die auch mal reich
werden wollten) unter dem Gesichtspunkt langfristiger Entwicklungen
durchaus sinnvoll. Um das zu verstehen, muss man sich die Thesen
des sowjetischen Wirtschaftswissenschaftlers Nikolai Dmitrijewitsch
Kondratjew (1892 - 1938) zu Gemüte führen. Kondratjew war ein
origineller Denker, weswegen ihn Stalin 1930 verhaften und 1938
erschießen ließ. Seine Thesen von den langfristigen
Wirtschaftszyklen wurden später von dem österreichischen
Wirtschaftswissenschaftler Joseph Schumpeter (1883 - 1950) aufgegriffen,
verfeinert und popularisiert. Kurz gesagt: Die Wirtschaft
entwickelt sich seit der industriellen Revolution in Zyklen von 40 bis 60
Jahren (manche meinen auch: 50 bis 70 Jahren). Der alte Zyklus geht zu
Ende mit Geldmangel und Arbeitslosigkeit, der neue Zyklus entsteht durch
technische Innovationen, die Geld bringen und zur Vollbeschäftigung
führen. Erst kamen die Dampfmaschinen. Sie revolutionierten die
Textilindustrie und brachten Reichtum und Vollbeschäftigung. Dann
kamen Eisenbahnen und Dampfschiffe. Sie revolutionierten das
Transportwesen und brachten Reichtum und Vollbeschäftigung. Dann
kamen Elektrotechnik und Chemie. Sie revolutionierten den Konsum und
brachten Reichtum und Vollbeschäftigung. Danach kam der zweite
Weltkrieg, der die Wirtschaft ankurbelte, wenn auch nicht aus
ökonomischen Gründen. Die Autoindustrie führte nach dem
Krieg zu einem kurzfristigen Aufschwung mit Reichtum und
Vollbeschäftigung. Und das war's. Denn dank Mikro-Elektronik
und Informationstechnologie erlebten wir nach dem Krieg zwar einen
ungeheuren technischen Fortschritt, aber es gab weder viel Geld und schon
gar keine Vollbeschäftigung. Jetzt fehlte dem Kapitalismus sein
Lebenselixier, das er dringend braucht, denn es geht ihm ja nicht um Waren
oder Werte oder Wohlstand, sondern einzig um die Vermehrung von Geld. Und
das fehlte.  Da sprangen die Banken ein. Auf wunderbare Weise vermehrte
sich plötzlich das dringend nötige Kapital, und dass selbiges
nur virtuell war - also etwa so viel wert wie das Geld beim Spiel
"Monopoly" - das juckte niemand. Zudem wurden viele
Arbeitsplätze (im Bankwesen) geschaffen. Geld war da, also
blühte und gedieh der Kapitalismus so, wie er sollte. Bis die Bombe
platzte und die Welt erkannte: Sie hatten mit Spielgeld gehandelt.
Und was jetzt? Ganz so schlimm ist die Sache nicht. Die ungeheuren
Verluste an Spielgeld sind genau das: Virtuelles Geld war weg. Oder
umgekehrt: Reales Geld war virtuell weg. Etwas, das nicht existiert, kann
auch nicht verschwinden. So haben wir alles glimpflich überlebt - bis
zur nächsten Krise. Ein pikanter Nachtrag: In einem Interview
mit einem bekannten italienischen Verfasser antiker Romane (ich hab den
Namen vergessen) fragte ich den Gelehrten, woran seiner Meinung nach das
Römische Reich zugrunde gegangen wäre. Er meinte: In einer Zeit
voller Überfälle und ökonomischer Missstände konnten
die alten Römer keine Schulden machen, denn das gab es damals noch
nicht. Hätten sie es getan, wäre das Römerreich
möglicherweise noch intakt. Blickt man auf die Nachfolger der alten
Römer, so gewinnt die These an Plausibilität. Niemand macht so
viele Schulden wie der italienische Staat. Doch scheinen die Italiener die
Krise erstaunlich problemlos überstanden zu haben. Es kommt halt drauf
an, wie man mit der Wirklichkeit (oder dem, was man dafür hält)
umgeht ... -Peter Ripota-
Illustration: Carl
Barks 
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Meine
Webseite Schwarze Löcher wurden
von Karl Schwarzschild 1916 theoretisch aus den Formeln der Allgemeinen
Relativitätstheorie von Albert Einstein abgeleitet. 1967 schuf John
Archibald Wheeler den begriff "Schwarzes Loch" für diese
Gebilde. Schwarze Löcher verschlucken alles für immer, Materie,
Energie, Strahlung und Information. 1974 publizierte Stephen Hawking eine
Hypothese, wonach Schwarze Löcher auch verdampfen können
("Hawking-Strahlung"), und in seinem Buch "Das Universum in
der Nussschale" äußerte er die Annahme, dass Schwarze
Löcher bei ihrem Ableben die gesammelte Information wieder
ausspucken.
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